Im Jahr 15 v. Chr., also ein paar Jahre vor der Geburt unseres Erlösers Jesus Christus, wurde das Gebiet, das seit 1719 Fürstentum Liechtenstein heisst, Teil der römischen Provinz Rätien. Die alte rätische Sprache stirbt aus; Latein setzt sich durch; die rätoromanische Sprache bildet sich heraus. | |
Anfangs von der damaligen Welt noch nicht gross beachtet, beginnt im Jahre 1 eine neue Zeit, ja sogar eine neue Zeitrechnung, die sich später auch im bürgerlichen Leben etablieren sollte. Mit der Verkündigung des Engels Gabriel an Maria (liturgisches Fest «Verkündigung des Herrn» am 25. März) und der Geburt Christi in Bethlehem («Weihnachten», 25. Dezember) beginnt die Geschichte des neuen Bundes zwischen Gott und der Menschheit und damit die christliche Zeitrechnung, auch wenn neuere Forscher das Geburtsjahr Christi zwischen 7 und 4 v. Chr. ansetzen. Mit dem Tod Jesu Christi am Kreuz («Karfreitag»), seiner Auferstehung («Ostern»), Christi Himmelfahrt («Auffahrt» - 40 Tage nach Ostern) und der Herabkunft des Heiligen Geistes («Pfingsten» - 50 Tage nach Ostern), was üblicherweise auf das Jahr 33 n. Chr. angesetzt wird, endet das irdische Wirken Jesu und beginnt die Geschichte der von ihm gestifteten Glaubensgemeinschaft, der christlichen Kirche. Es ist heute die grösste Religionsgemeinschaft der Welt. Die erste Christengemeinde entsteht in Jerusalem. Mit der Verfolgung der Christen breitet sich der neue Glaube schnell im ganzen Römischen Reich aus. Schon um 50 n. Chr. dürfte es in Rom, der Metropole des Römischen Reiches, eine Christengemeinde gegeben haben. | |
Christkind in der Weihnachtskrippe der Pfarrkirche | |
Mit den Römern kommt auch das Christentum an den Alpenrhein: Im 1. Jahrhundert n. Chr. wurde eine Heeresstrasse von Mailand nach Bregenz gebaut, die über den Splügenpass nach Chur und durch das heutige Liechtenstein nach Bregenz führte. Im 4. Jahrhundert begann die Christianisierung Churrätiens. Für das 5. Jahrhundert ist die römische Provinzhauptstadt Chur als Bischofssitz nachgewiesen. Der liechtensteinische Landespatron, der hl. Luzius, gilt als erster Glaubensbote in Churrätien. Auch auf dem Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein dürfte es schon seit dem 5. Jahrhundert Christen gegeben haben. Darauf weisen die Ausgrabungen im ehemaligen römischen Kastell in Schaan hin, wo man Reste eines Kirchgebäudes fand, das wohl auf das 5. Jahrhundert zurückgeht. An der Stelle der heutigen Pfarrkirche Bendern, zu der Ruggell bis zum 23. Juni 1874 gehörte, dürfte es schon im 6. Jahrhundert eine Kirche gegeben haben. Damals war Ruggell noch kaum besiedelt. Es wird angenommen, dass im 14. Jahrhundert von Bendern, Feldkirch und Sennwald her die Besiedlung begonnen hat. Da war das Römische Reich schon lange zerfallen. Die Alemannen sind in die Gegend des Alpenrheins eingewandert, und Rätien wurde ins fränkische Reich eingebunden. Unter Karl dem Grossen erfolgte die Einführung der fränkischen Gaugrafschaftsverfassung: Grafen amteten als Vertreter des Kaisers. Vom 10. Jahrhundert bis 1152 gehörte Rätien dem Grafen von Bregenz. Nachdem die Grafen von Bregenz ausgestorben waren, wurde das ehemalige Rätien durch Erbteilung aufgesplittet. Unterrätien ging an die Grafen von Montfort, die später in die Linien Montfort und Werdenberg aufgeteilt wurden. Durch Erbteilung entstand 1342 die Grafschaft Vaduz. Ruggell gehörte zur Herrschaft Schellenberg. Im 15. Jahrhundert gab es mehrere Kriege und wechselnde Landesherren. Das 16. Jahrhundert war geprägt durch die Herrschaft der Grafen von Sulz, die Vaduz und Schellenberg von der Landgrafschaft Klettgau aus regierten und dafür sorgten, dass das Gebiet katholisch blieb. Auch im 17. Jahrhundert gab es mehrere Herrscherwechsel; zuletzt waren die Grafen von Hohenems die Landesherren, mussten dann aber das Gebiet verkaufen. Käufer war 1699 Fürst Hans Adam I. von Liechtenstein, dessen Haus am Kaiserhof in Wien zu Reichtum und Ansehen kam. Durch den Kauf der Herrschaft Schellenberg und der Grafschaft Vaduz (1712) konnten die Fürsten von Liechtenstein in den Stand reichsunmittelbarer Landesherren aufsteigen. Denn 1719 wurden die beiden Herrschaften Vaduz und Schellenberg durch Kaiser Karl VI. zu einem Reichsfürstentum mit Namen Liechtenstein erhoben und so zum 343. Mitgliedsstaat des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. 1799/1800 durchquerten Truppen Napoleons Liechtenstein. Das war das bisher letzte kriegerische Ereignis in Liechtenstein. Am 12. Juli 1806 erfolgte die Aufnahme Liechtensteins in den Rheinbund und damit die Erlangung der Souveränität im Zusammenhang mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. |